Die Kirchenkrippe für St. Johannes Evangelist schaffte Prälat Pfanzelt im Jahr 1946 an. Die Filialkirche St. Johannes Evangelist in der Schillerstraße wurde in den Jahren 1932/33 nach Plänen von Ernst Jäger aus München errichtet. Und schon am 18. Juni 1933 wurde die Kirche von Kardinal Michael Faulhaber als Filialkirche von St. Jakob geweiht. Nach dem Bau der Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt im Jahr 1956 wurde St. Johannes Evangelist als Filialkirche dieser neuen Pfarrei zugeordnet. Die Kirche wird seit 2002 von den griechisch-orthodoxen Christen im Landkreis Dachau und Umgebung für ihre Gottesdienste genutzt. Mit der neuen Nutzung kam die Krippe in den Schrank. 2015 wurde sie für eine Krippenausstellung restauriert.
Die Figuren wurden 1946 von einem ehemaligen Häftling des Konzentrationslagers Dachau geschnitzt, der den Namen „Ketter“ getragen haben soll. Die Schnitzfiguren beeindrucken durch ihren lebhaften Ausdruck und ihre eigenständige Interpretation, die das Weihnachtsgeschehen in die Zeit direkt nach dem zweiten Weltkrieg in die Dachauer Umgebung übersetzt. (Quelle: Kunsttopographie, Mariä Himmelfahrt, 2020)
Es handelt sich um ein Schnitzwerk in Holz, farbig gefasst, bei einer Figurengröße von 20 cm. Zwei weibliche Figuren tragen die Dachauer Tracht, interessanterweise die der unverheirateten Frauen (Maria, „Gänsebäuerin“). Die Hirten sind in bäuerliche Arbeitskleidung gewandet. Ein kleines Mädchen trägt ein zeitgenössisches Kleidchen, die Buben tragen Lederhosen. Die Könige (vier!) und ein Elefantentreiber sind orientalisch gewandet. Krippenlandschaft war das Dachauer Moos mit der Stadt Dachau im Hintergrund. Die originale Stadtsilhouette ist nicht erhalten. Sie war der Erinnerung nach gemalt oder halbplastisch gearbeitet.
Es ist eine künstlerisch hochwertige Arbeit von mehr als lokaler Bedeutung. Der unbekannte Krippenkünstler muss bildhauerisch, schnitztechnisch ausgebildet gewesen sein. Künstlerisch findet er interessante Lösungen. Er zeigt Sinn für Humor und psychologisches Einfühlungsvermögen. Affekte werden treffend geschildert: Mütterlicher Stolz und Fürsorge bei Maria, Neugier bei den kleinen Engeln, Erschrecken und Staunen beim knienden Hirten. Die künstlerische Darstellung ist aber nicht süßlich, wie es dem Zeitgeschmack entsprochen hätte, sondern realistisch, herb, in der Tradition des Expressionismus. (Quelle: Dachauer Nachrichten, Eine Krippe spricht das Herz an, vom 23.12.1015)